Vom 16. bis 22. August stand für mich der Saisonhöhepunkt auf dem Programm. Ich ging bei den „1001 Miglia Italia“, dem längsten Randonneursbewerb Europas, an den Start. Der Kurs führt von Parabiago (Mailand) ausgehend über Genua, dem ligurischen Meer entlang Richtung Pisa und weiter über Siena bis zum Bolsenasee. Hier ist der südlichste Punkt der Route erreicht. In weiterer Folge geht es über Umbrien nach Arrezzo, und von dort an Florenz vorbei über den Apennin in die Poebene. Auf dem Rückweg nach Mailand werden die Städte Ferrara, Parma und Piacenza umfahren. Insgesamt sind 1.600 Kilometer und 16.500 Höhenmeter innerhalb von maximal 134 Stunden zu absolvieren.

Zusammen mit einem Randonneurskollegen ging ich am Freitag, den 16. August, um 20 Uhr an den Start. Im ersten „Stint“ (Wegstrecke zwischen zwei Schlafpausen) fuhren wir 29 Stunden durch, legten dabei 489 Kilometer und 5.983 Höhenmeter zurück, und erreichten am Sonntag um 1 Uhr Pontedera. Dort ging es mir moralisch so schlecht, dass ich aussteigen und mit dem Zug die Heimreise nach Mailand antreten wollte. Die 4-stündige Schlafpause auf einer Parkbank ließ mich allerdings recht gut regenerieren, und so nahm ich um 5 Uhr Früh das „Rennen“ wieder auf. Der zweite „Stint“ belief sich auf eine Fahrzeit von 26 Stunden, in denen wir 503 Kilometer und 7.078 Höhenmeter zurücklegten. Er führte uns am Montagabend gegen 20 Uhr nach Mattassino Reggello. Somit stand die Marke von 992 Kilometern auf dem Tacho. Wir entschieden uns für eine weitere 4-stündige Schlafpause, um gegen Mitternacht den Sattel wieder zu besteigen. Aufgrund des regen Autoverkehrs untertags boten sich Nachtfahrten an. „Stint 3“ beinhaltete dann die letzten zwei Bergetappen sowie drei kurze Flachetappen, die in Summe 321 Kilometer und 2.594 Höhenmeter einbrachten. Nach 24 Stunden erreichten wir am Mittwoch um Mitternacht Pieve di Coriano, wo uns die bislang beste Pasta erwartete. Nach dem Essen ging es für 4 Stunden zur Erholung in ein Feldbett. Der letzte „Stint“, den wir am Mittwochmorgen in Angriff nahmen, führte dann binnen weiterer 20 Stunden zurück nach Parabiago (291 Kilometer / 801 Höhenmeter), wo wir am Donnerstag um 1 Uhr nach 125 Stunden und 13 Minuten die Ziellinie überquerten. Damit blieben wir rund 9 Stunden unter der vorgegebenen Karenzzeit von 134 Stunden. Selbstverständlich gab es während des Brevets auch immer wieder die Möglichkeit, Fotos der schönen Landschaft zu machen, in Cafés einzukehren oder mit kurzen Powernaps in schattigen Wiesen der Übermüdung zu trotzen. Es gab auch einige brenzlige Situationen. Bei einer rasanten nächtlichen Abfahrt stand plötzlich ein Muli seelenruhig mitten auf der Fahrbahn, dem ich gerade noch ausweisen konnte.

Rückblickend betrachtet waren die „1001 Miglia“ sehr kräftezehrend und anstrengend, nicht zuletzt aufgrund der schlechten Fahrbahnverhältnisse sowie der nicht sehr rücksichtsvollen Autofahrer. Was diesen Punkt betrifft, können die „1001 Miglia“ nicht mit „Paris-Brest-Paris“ verglichen werden, wo man als Radfahrer geschätzt, respektiert und sogar unterstützt wird. Schlussendlich bin ich froh, dass ich dennoch durchgehalten habe und dieses schwierige Event erfolgreich finishen konnte. Ein nochmaliges Antreten schließe ich aber kategorisch aus.

Bericht: Mathias Behmann